Aus dem Leben… oder wie mein Mann vor mir flüchtete.
2011 musste Martin unbedingt auf eine Steinausstellung irgendwo in einem Betrieb der irgendwas mit Steinen machte. So genau erinnere ich mich nicht mehr daran. Nur das ich es stinklangweilig fand.

Auf dem Firmengelände waren überall Gitterbox mit den verschiedensten Steinen verteilt. Quarz, Schiefer, Sandstein, Marmor etc.
Es war sehr weitläufig und recht hügelig. Auf einem dieser kleinen Hügel stand ein Zelt und natürlich platzte Martin vor Neugier. Er musste unbedingt wissen was da drin war. Evtl. ja ein ihm unbekannte Steinart!?

Also schobschleifte ich ihn über die Wiese diesen Hügel hinauf, nur um dann festzustellen das dieses Zelt leer war. Da wir (natürlich nur ich) uns schon die Mühe gemacht hatten den Hügel samt Rollstuhl zu erklimmen, guckten wir nach den Gitterboxen, die neben dem Zelt standen.

Ich zündete Martin eine Zigarette an, machte das Gleiche für mich während ich gelangweilt auf die Gitterboxen samt Inhalt starrte. Als ich mich wieder meinem Mann zuwenden wollte, stellte ich verwundert fest, das er nicht mehr neben mir stand. Etwas irritiert schaute ich rings um mich und entdeckte ihn schließlich als er bereits den halben Hügel, vorwärts, hinunter rollte.

Einen Moment staunte ich über seine hoch, hoheitliche Haltung. Er saß kerzengerade mit erhobenen Haupt in seinem Rollstuhl. Sein betroffener Arm lag im Schoß, der gesunde, grazil die Zigarette mit zwei Fingern nach oben haltend, auf die Armlehne gestützt. Das betroffene Bein an das Pedal geschnallt, das gesunde nach vorne ausgestreckt.
So rollte er immer schneller werdend über das Gras den holprigen Hügel runter.

Ich fragte mich wohin er den eigentlich wollte, bemerkte das er keinerlei Anstalten machte um zu bremsen und wollte gerade eine Warnung ausrufen, als er schon unten angekommen und gegen eine Gitterbox geknallt war. Das Ganze spielte sich wie in Zeitlupe ab und doch konnte ich nicht mehr tun, als mit offenem Mund, dümmlich guckend, zuzuschauen.

Er konnte den Aufprall durch das ausgestreckte Bein soweit abfedern, das er nicht vornüber in die Gitterbox, sondern nur etwas in die Höhe katapultiert wurde. Da ihm der Rollstuhl, durch das festgeschnallte Bein, nicht von der Seite wich, fiel er, fast schon elegant zurück in Sitzposition.

Von allen Seiten kam erschrockene Menschen zu Hilfe. Ich stand nur da, nicht wissend ob ich loslachen, ihm helfen oder mir ein Fluchttunnel buddeln sollte.
Hilft nix. Man hatte mich mit ihm gesehen und so ging ich die wenigen Meter den Hügel hinunter. Es kam mir fast vor wie ein Spießrutenlauf, da ich dabei von allen Seiten mit bitterbösen Blicken bedacht wurde.

Als ich bei Ihm angekommen war, fragte ich ob alles in Ordnung sei.
„Häsi. Du glaubst es nicht. Als ich gegen die Box geknallt war, hab ich mich zu dir umgedreht und wollte dich fragen was der Blödsinn soll. Da hab ich erst gemerkt das du nicht am Rollstuhl bist“
Er hatte angenommen ich schiebe ihn den Hügel runter und deshalb nicht gebremst. Nun konnte ich meinem Unterdrückten Lachflash nicht mehr zurückhalten, was mir noch mehr böse Blicke einbrachte.

Wir haben dann mehr oder weniger fluchtartig das Gelände verlassen, evtl. hätte mich die Leute dort sonst gesteinigt. Material lag ja genug rum.

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