Wir waren im Hochsommer 2018 zu einer Taufe nach Hessen, zur Familie meines Mannes, eingeladen. Das sind knapp 500 km von Bayern (mein Geburtsort und unser Wohnsitz) nach Hessen (Martins Geburtsort und Wohnsitz seiner Familie)

Am Anreisetag gab es die erste „witzige“ Situation.

Nach der langen Fahrt, den ersten Kurzbesuchen bei der Familie und Martins Mutter im Pflegeheim, kamen wir am späten Nachmittag schlagskaputt in unserem Hotelzimmer an. Schmissen alles in ne Ecke und legten uns, wie wir waren, nur kurz zum Ausruhen aufs Bett.

Plötzlich weckt mich Martin: „Hase? Haaaaseeee, wie spät ist es?“

Ich wachte langsam auf… es war Dunkel…. ich machte die Augen auf, es war immer noch Dunkel… sagte zu Martin: “Es ist dunkel mein Schatz, also schätze ich das es Nacht ist“ er darauf etwas genervt: „Doofe Nuss, das sehe ich selber.“

Super! Was hatte er den erwartet? Eine Bandansage alla – Beim nächsten Ton ist es 23 Uhr, 17 Minuten und 30 Sekunden, Piep – …??

Nun gut, wir verbrachten ein schön, chaotisch, stressiges Familienfeier-Wochenende, ihr kennt das alle selber und machten uns Montagmorgen relativ früh, ca. 7 Uhr, auf den Heimweg, wobei wir erst den Schlüssel für unser Zimmer abgeben und kurz noch Mama „Auf Wiedersehen“ sagen mussten.

Und das alles ohne Frühstück!!!

Was für mich normal (Frühstücke selten), für meinen Mann aber unendliche Qualen bedeutete.

Beim Rasthof Spessart konnte ich das Knurren seines Magens und den leidenden Gesichtsausdruck, untermalt mit mehrfachem herzzerreisendem Gestöhne, nicht mehr ertragen und fuhr von der Autobahn ab auf einen Rastplatz.

Ich wollte bei der Gelegenheit gleich meinen Diggen volltanken um danach komplett durchzufahren, also hielt ich vorne an der Tankstelle.

Natürlich wollte mein Mann sofort aus dem Auto weil es A schon sehr warm war und er B immer und überall mit dabei sein muss und so half ich ihm in den Rollstuhl, während unser Tank voll lief.

Da auf der Seite an der wir standen der Gehsteig so hoch war das Martin nicht alleine drauf fahren konnte meinte er, er würde mal auf die andere Seite schauen. Wir waren uns auch nicht einig ob wir nur schnell in der Tanke was zu essen holen oder zur Raststätte vorfahren sollten. Darum wollte er erst mal gucken was so im Angebot war. Er rollerte also los und ich füllte inzwischen den Tank weiter bis nichts mehr reinpasste.

Geh zum Bezahlen in die Tanke und sehe —> kein Martin.

Guck auf die andere Seite der Tankstelle —> kein Martin.

Geh zurück zum Auto —> kein Martin.

Fahr das Auto hinter die Tankstelle —> kein Martin.

*seufts*

Guck vor zur Raststätte und sehe gaaaaaanz weit hinten ein dunkles Käppi und rotes T-Shirt *grummel* nu issa doch zum Rasthof vor und sagt nicht mal Bescheid!

Leicht säuerlich fuhr ich die 100-200 Meter vor, stellte mich auf den Behindertenparkplatz direkt am Eingang und stellte gleichzeitig fest, das dass Käppi nicht schwarz sondern dunkelblau und der Mann nicht meiner im Rollstuhl war, sondern ein Fremder der auf ner Bank saß!

Toll! Super! Aaaaaaaaaaaaaaa!

Kurzer Blick zurück zur Tanke —> kein Martin

Also rein in den Rasthof, alles abgesucht und —> kein Martin weit und breit!

Was nun?

Einfach weiter fahren und auf die Durchsage warten: „Der kleine Martin will am Rasthof Spessart abgeholt werden “ oder doch lieber gleich weitersuchen?

Ich entschloss mich fürs weitersuchen und in dem Moment fiel mir das moderne Kommunikationsmittel Handy ein.

Gedacht, getan und was passiert? Er geht nicht ran!

Nach 3 bis 1000 vergeblichen Versuchen und einer erneuten Kontrolle der kompletten Raststätte, machte ich mich widerstrebend auf den laaangen Fußmarsch zurück zur Tankstelle.

Langsam gefiel mir die Möglichkeit einfach weiter zu fahren immer mehr.

Hatte auch kurz überlegt die Einbahnstraße mit Warnblinker zurück zu fahren, aber angesichts der Menge an kommenden Autos, dann doch verworfen.

Bei mittlerweile 34 Grad im Schatten, wobei auf dem Weg KEIN Schatten war, stampfte ich (nicht nur kochend vor Hitze) zur Tankstelle, versuchte weiter eine telefonische Verbindung herzustellen und verfluchte mich dafür nicht doch die Möglichkeit des Weiterfahrens gewählt zu haben.

Dort angekommen stürmte ich in die Tanke, wütend und klitschnass und was sehe ich?

Meinen Mann… fröhlich mit der Verkäuferin flirtend, im klimatisierten Verkaufsraum, Kaffee und belegtes Brötchen vor sich und eine aufgeschlagene Zeitung im Schoß.

Total relaxt!

Blickt mich an und fragt lächelnd:“ Wo warst DU den Häsi?“

Kurzschluss meinerseits! Nicht jugendfreie Szene mit ebensolchem Wortlaut!

Während ich tankte und er auf der anderen Seite eine Auffahrt suchte kam ihm eine Angestellte zu Hilfe und da er schon in der Nähe war fuhr er auch gleich auf die Toilette. Ohne mir Bescheid zu sagen. Als ich ihn rund um die Tankstelle suchte, plauderte er gerade vergnügt mit der netten, hilfsbereiten Dame im Sanitärbereich, wodurch ich ihn im Außenbereich natürlich nicht finden konnte.

Danach rollerte er in die Tankstelle, während ich wohl auf dem Weg zur Raststätte war und da ich soooo lange zum „Tanken“ brauchte verkürzte er sich halt mit Speiß und Trank und Unterhaltung die Wartezeit.

Bis jetzt kann er nicht verstehen warum ich explodiert bin, schließlich habe die Situation dazu geführt das ich etwas Bewegung an der frische Luft bekam und dadurch wesentlich ENTSPANNTER weiterfahren konnte, so seine Meinung.

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